Wenn das Kalb bei der Kuh bleiben darf.

Wenn das Kalb bei der Kuh bleiben darf, handelt es sich entweder um die Mutterkuhhaltung oder eine Milchviehhaltung mit muttergebundener Kälberaufzucht. Zweiteres haben wir bei uns vor kurzem ausprobiert. Zuerst als Versuch – mit laufendem Übergang in den Normalbetrieb. Über unsere Erfahrungen und welche Vor-und Nachteile das hat, erzählen wir euch jetzt.

Bei der Mutterkuhhaltung, bei der das Verkaufsprodukt das Fleisch ist, bleibt das Kalb solange bei der Mutter, bis es nicht mehr säugt. Bei der Milchviehhaltung ist das anders. Das Kalb bekommt zwar auch die Milch der Mutter, aber nur eine Woche lang – die sogenannte Kolostral- oder Biestmilch. Danach für einige Wochen die Milch der allgemeinen Herde. Aber im üblichen System vom ersten Tag an mit dem Nuckeleimer. Man will ja schließlich den restlichen Teil der Milch für die menschliche Nahrung nutzen. Warum das überhaupt möglich ist? Weil durch den Zuchtfortschritt und andere Einflüsse wie zum Beispiel besseres Futter die Leistung der Kühe in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. Hat eine österreichische Milchkuh 1950 im Schnitt rund 3.000 l Milch pro Jahr gegeben, sind es heutzutage bereits rund 7.900 l (26 l pro Tag). Mit dem Grundfutter (Gras, Heu, Silage) gibt eine Kuh rund 20 l Milch pro Tag, wobei das Kalb am Beginn davon circa die Hälfte benötigt, danach laufend weniger.
Im gängigen System der Milchviehhaltung wird das Kalb am ersten Tag von der Mutter getrennt und über den Nuckeleimer mit Milch versorgt. Einige (Bio-) Betriebe haben in den letzten Jahren ein neues System ausprobiert – die muttergebundene Kälberaufzucht. Dabei bleibt das Kalb einige Tage bis mehrere Wochen bei der Mutter und trinkt, soviel es mag – die übrige Milch im Euter wird gemolken. Nach einigen Tagen oder Wochen wird das Kalb trotzdem von der Mutter getrennt und bekommt die Milch aus dem Nuckeleimer. Es braucht nach dem ersten Monat nämlich laufend weniger Milch und soll auch schon mit dem Heu fressen starten. Aber jetzt zu unseren Erfahrungen.

Kuh Edith mit ihrem Kalb.

Die Vorteile.
Ein wesentlicher Vorteil der muttergebundenen Kälberaufzucht liegt in der artgerechten Haltung und dem Tierwohl. In der Natur würde das Kalb solange bei der Mutter trinken, bis es sich abgewöhnt (übrigens auch beim Menschen gleich) und auf das Raufutter umsteigt. Zusätzlich ist es natürlich schön anzuschauen, wenn ein Kalb bei der Mutter trinkt.

Ein weiterer Vorteil ist das häufigere Trinken von kleinen Mengen anstatt 2-3 mal am Tag größere Mengen aus dem Nuckeleimer zu bekommen. Zudem hat die Milch aus dem Euter immer die optimale Temperatur. Im Gesamten führt das zu einer geringeren Anfälligkeit für Durchfälle. Und diese sind bei Kälbern durchaus eine häufige und auch gefährliche Erkrankung.

Zwei weitere Vorteile, die man nicht auf den ersten Blick vermuten würde, sind folgende: einerseits sind die Kälber zutraulicher, was auch den Umgang mit ihnen später erleichtert. Andererseits haben sie mehr Bewegung im großen Stall bei der Kuhherde statt im kleinen Kälber-Iglu. Es ist eine richtige Freude, den kleinen Kälbern beim Herumspringen im Stall zuzusehen und zu beobachten, wie sie ihren Bewegungsradius langsam erweitern. Zum Beispiel gehen sie bei uns nach einigen Tagen auch zum Fressplatz der Kühe mit. Und irgendwann erreichen sie auch den Elektrozaun beim Auslauf. Diese Erfahrungen könnten dann auch beim Weideaustrieb helfen, wenn sie den Elektrozaun bereits als Grenze wahrnehmen. Das müssen wir aber auch selbst erst herausfinden.

Kalb Ella ist in den Melkstand mit gekommen.

Die Nachteile.
Damit kommen wir zu den Nachteilen. Ein wesentlicher Nachteil liegt in der sinkenden Milchmenge, die verkauft werden kann. Einerseits trinkt das Kalb etwas mehr, andererseits hält die Kuh beim Melken auch einen Teil der Milch zurück (um sie für das Kalb aufzubehalten). Im Gesamten führt das dazu, dass der Landwirt weniger Milch verkaufen kann. Im Gegenzug müsste ein Milchviehbetrieb dann etwas mehr für den Liter Milch bekommen. Was praktisch nur in der Direktvermarktung möglich ist. Im Lebensmitteleinzelhandel gibt es dazu nämlich (noch) kein Projekt. Sonst bleibt es ein vorbildhaftes Tierwohl-Projekt des Landwirts. In der Praxis wird die muttergebundene Kälberaufzucht meist auf Bio-Betrieben angewandt. Das hat mehrere Gründe – vor allem aber jenen, dass der Preis für Bio-Milch höher ist und somit mehr „Spielraum“ für solche Projekte bleibt.

Ein zweiter Nachteil ist der höhere Trennungsschmerz. Was etwas technisch klingt, ist höchst gefühlvoll. Die Kühe haben natürlich einen Mutterinstinkt – manche mehr, manche weniger. Kommt das Kalb am ersten Tag weg, ist dieser meist noch nicht besonders ausgereift. Dieser nimmt jedoch in den ersten Tag zu, was dazu führt, dass nach der Trennung nach einigen Wochen das Rufen der Kuh nach dem Kalb größer ist. Wir lösen das, indem wir einen Kälberbereich haben, wo die Kuh das Kalb immer sehen und beschnuppern kann – das hilft.

Wenn die Kälber ihre Ruhe haben wollen, legen sie sich auf den Fressplatz. Ein solch abgetrennter Bereich, wo nur die Kälber hinkommen, hilft bei der muttergebundenen Aufzucht.

Zum Abschluss noch: wie sind wir überhaupt zur muttergebundenen Kälberaufzucht gekommen? Das Interesse dazu war bei uns schon länger da. Wir dachten aber, dass wir dazu unseren Stall umbauen müssten. Nach einem Gespräch mit einer Bekannten, die die muttergebundene Kälberaufzucht schon umsetzt, haben wir einfach begonnen und unsere eigenen Erfahrungen gesammelt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die muttergebundene Kälberaufzucht eine Annäherung an das natürliche Artverhalten der Rinder ist und die Kälber vitaler sind. Im Gegensatz dazu bedarf es einem höheren Milchpreis (soll die Wirtschaftlichkeit gleich bleiben) und einer bewussten Entscheidung des Landwirts.

Weihnachten und die rauhen Nächte

Nach der Wintersonnenwende werden die Nächte jetzt wieder kürzer und die Tage länger. Gute Aussichten fürs Gemüt, dass sich einfach nicht daran gewöhnen will, zu so wenig Tageslicht zu kommen. Nur die Schlafhungrigen freuen sich – schließlich wird man am Abend leichter müde und in der Früh holen einen die Sonnenstrahlen nicht zu früh heraus.

Bevor ich euch nun einiges über die Rauhnächte erzähle, darf ich noch eine freudige Nachricht vom Christkind überbringen. Pünktlich am 24. Dezember hat uns das Christkind ein Kalb gebracht. Unsere Kuh Raste wollte uns scheinbar ein Weihnachtsgeschenk machen und hat ein Kalb zur Welt gebracht. Ria, wie wir es genannt haben, ist gesund, trinkt schon gern Milch und ist fleißig auf den Beinen.

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Neben dem Weihnachtsfest gibt es um die Jahreswende auch die Rauhnächte. Berühmt berüchtigt sind sie. Und laut Sagen auf keinen Fall zu unterschätzen. Mystik, Brauchtum und verschiedene Rituale zeichnen diese Tage und Nächte aus. Je nach Tradition sind es vier oder zwölf Rauhnächte. Vier Tage ergeben sich aus den Nächten am 21. Dezember (Wintersonnenwende), Heiliger Abend, Silvester und Dreikönig. Weit verbreitet sind die 12 Rauhnächte von 24. Dezember bis 5. Jänner. Hier gilt jede Rauhnacht für einen Monat des Jahres und alle Ereignisse an diesen Tagen werden als Vorhersage für das kommende Jahr gewertet. Ob das „rauh“ der Nächte vom Räuchern, das in vielen Gegenden zelebriert wird oder von einer anderen Bedeutung kommt, ist nicht ganz klar.

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So weit verbreitet wie die Rauhnächte sind, kommen sie natürlich auch im bäuerlichen Brauchtum und so auch auf unserem Hof vor. Wir haben bereits von den Großeltern die vier Rauhnächte kennengelernt. In jeder Rauhnacht war es üblich, mit einem geweihten Wasser die Gebäude, Tiere und Menschen am Hof zu segnen. Es sollte den ganzen Hof vor Unheil im kommenden Jahr schützen. Martin hat diese Tradition in den vergangenen Jahren weitergeführt. Segen für den Hof und die Tiere und Menschen, die hier wohnen, kann es schließlich nie genug geben.

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