Sie ist ein wahrer Wundertrunk. Vielen kleinen Lebewesen steht sie als wertvolle Nahrung in den ersten Stunden, Wochen und Monaten des Lebens zur Verfügung. Reich an Inhaltsstoffen, perfekt optimiert an die Bedürfnisse. Für Mensch und Tier. Und dennoch ist die Milch heute viel mehr geworden als eine Nahrung für den ersten Lebensabschnitt. Kaffeeverfeinerer, Wirtschaftsbringer, Industrierohstoff, Diskussionsgrundlage und was weiß ich noch alles. Alles Gründe für mich, die Milch mal genauer zu beleuchten.
Eine Begriffsklärung.
Wenn man landläufig über Milch redet, ist meist die Kuhmilch gemeint. Klar, davon gibt es am Meisten. Aber auch die Milch von Schafen, Ziegen, Pferden und anderen Tieren kann man trinken. Und als Säugling natürlich die Milch der Mutter. Was die Milch unterscheidet, sind die Inhaltsstoffe. Der Großteil ist mit ca. 85 % immer Wasser, aber vor allem beim Fett, Eiweiß und dem Milchzucker (Laktose) gibt es Unterschiede. Während Kuhmilch im Schnitt 4 % Fett und 3,5 % Eiweiß hat, ist die Schafmilch mit 5,5 % Fett und 4,5 % Eiweiß reicher an Inhaltsstoffen. Die Muttermilch beim Menschen enthält dagegen nur ca. 1,5 % Eiweiß und 4 % Fett. Dafür hat sie mit 7 % den höchsten Anteil an Milchzucker. Ein wesentlicher Unterschied liegt bei den Milchmengen. Während Kühe im Schnitt 15 bis 25 l Milch pro Tag geben, ist die Menge bei Schafen (2-4 l) und Ziegen (3-4 l) wesentlich geringer. Diese Mengen hängen wesentlich von der Fütterung ab. Näheres dazu jetzt.

Was die Evolution mit der Landschaftspflege zu tun hat.
Beginnen wir bei der Evolution. Warum haben sich die Wiederkäuer (Kuh, Schaf, Ziege) im Laufe der Entwicklung der Erde durchgesetzt? Ein wichtiger Grund waren ihre vier Mägen, mit denen sie die Inhaltsstoffe im Gras in körpereigene Energie umwandeln konnten. Damit konnten sie Wiesenfutter nutzen, was viele andere Tiere nicht konnten. Heute noch ist das gleich. Die Wiederkäuer sorgen dafür, dass das Gras unserer Wiesen abgefressen wird. Machen sie das nicht mehr, wachsen innerhalb weniger Jahre Büsche und Bäume und die Wiese verwaldet. Mit dem gefressenen Gras kann eine Kuh pro Tag rund 20 l Milch geben. Weil das heute teilweise zu wenig geworden ist, gibt man der Kuh oft auch energiereicheres Futter wie Getreide und Mais. Damit steigt die Leistung der Kuh, aber sie wird automatisch auch zu einem Futterkonkurrenten zum Huhn oder Schwein. Und auch zum Menschen.
Das mag ein Grund sein, warum die Milch heute in Verruf geraten ist. Ein anderer könnte die starke Verarbeitung sein. Die natürlichste Milch ist die Rohmilch. Die wird einfach gemolken und runtergekühlt. Fertig. Seit die Haltbarkeit eine größere Rolle spielt, wird sie erhitzt, um die Bakterien abzutöten. Pasteurisieren nennt man die erste Stufe. Daneben gibt es heutzutage viele weitere. Bis zur ultrahoch-erhitzten ESL-Milch. Dabei kann man sich schon die Frage stellen, ob man noch von Milch sprechen kann, wenn sie nicht einmal mehr gekühlt werden muss. Neben dem Erhitzen werden die Inhaltsstoffe entzogen und wieder zugesetzt, bis man die gewünschte Milch erhält. Fett raus, Fett rein, Wasser raus, Wasser rein, Laktose raus – klingt wie ein Baukastensystem, bei dem man rausnimmt und rein gibt, wie man es gerade braucht. Dabei vergisst man, dass die Milch eigentlich von Grund auf schon perfekt ist.

Die intensive Fütterung und die starke Verarbeitung sind für mich zwei Gründe, warum es bei der Milch in den letzten Jahren zu einem Glaubenskrieg kommt. Und warum immer mehr Leute Milch nicht vertragen. Wenn man die Wiederkäuer das machen lässt, was sie am besten können, nämlich Gras zu Milch und Fleisch zu verwerten und die Milch das sein lässt, was sie ohnehin ist, nämlich ein Wundertrunk, würde das vielen Problemen erst gar keine Grundlage geben.
Nicht nur auf den Inhalt kommt es drauf an.
Diese Gedanken versuchen wir auch auf unserem Hof zu leben. Unsere 15 Kühe produzieren aus dem Gras unserer Wiesen beste Bio-Milch, die wir dann als Rohmilch ab Hof verkaufen. In der Mehrweg-Glasflasche mit Pfandsystem. Aus Überzeugung. Wo wir schon beim nächsten Thema wären. Nämlich dem der Verpackung. Die seit kurzem wieder eingeführten Glasmilchflaschen haben zwar Vorteile im Sinne der Plastikvermeidung, aber aus Umweltsicht zu Ende gedacht, würde nur ein Mehrwegsystem Sinn ergeben.

Ihr seht schon, das Thema liegt uns am Herzen. Wahrscheinlich, weil wir tagtäglich damit zu tun haben. Genau deswegen beantworten wir auch gerne die Fragen unserer KundInnen. Und bieten „Melken mit Martin“ an. Weil wir dann auch auf Fragen wie, warum das Kalb nicht direkt bei der Mutter trinken darf oder die Kühe bei uns keine Hörner haben, ausführlich Antworten geben können. Spannende Themen gibt es also genug. Für weitere Hofgeschichten oder auch mal einen Besuch bei uns.
